Informatiker – Lünen – *14.01.1993 – Beitritt 2019
Mit Anfang 20 absolvierte Nicolas Krömer den Bundesfreiwilligendienst in der Unfallklinik in Dortmund. Danach begann er eine Ausbildung als Informatiker bei „MK Marketing e.K.“ in Dortmund. Anschließend verschlug es ihn im Wintersemester 2017/18 zum Studium der Geschichtswissenschaft nach Marburg. Wie Antifaschist*innen berichteten, fiel er bereits in der Orientierungswoche durch rassistische Äußerungen und positive Bezugnahme auf die Identitären (IB) auf. Durch sein Interesse an den Identitären kam er mit der Marburger Burschenschaft Germania in Kontakt, da einige ihrer Mitglieder bereits versuchten, eine Identitäre Ortsgruppe aufzubauen. Zu dieser Zeit traf sich die Gruppe immer wieder auf dem Haus der Marburger Burschenschaft. Im November 2017 wurde Nicolas Krömer dann beim Verkleben Identitärer Propaganda an der linken Kollektivkneipe „Havanna8“ erwischt. Ab diesem Moment tauchte er regelmäßig bei größeren und kleineren Aktionen der Identitären in ganz Deutschland auf – hier ein unvollständiger Überblick: Anfang Juni 2018 in Wiesbaden, Mitte Juni 2018 in Heidelberg, Ende Juni 2018 in Marburg, Ende August 2018 in Dresden.
Am 07. Juli 2018 nahm er bereits am auch für Nicht-Mitglieder zugänglichen Teil des Sommerfestes der Marburger Burschenschaft Germania teil. Zu Beginn des Wintersemesters 2018/19 zog Krömer schlussendlich auf das Haus in der Lutherstraße und wurde bei der Burschenschaft aktiv. Im Oktober desselben Jahres besuchte er unter anderem mit dem Regionalleiter der Identitären Hessen und Germanen Heinrich Mahling, dessen Leibfux Krömer war, eine Wahlkampfveranstaltung der AfD in Krichhain, im November war er an einer Identitären-Aktion vor dem Bundestag beteiligt. Auch an der Winterakademie 2019 des „Instituts für Staatspolitik“ nahm Krömer teil. Im Frühjahr 2019 ist der Fux Krömer Hauswart der Marburger Burschenschaft Germania. In diesem Jahr nahm er auch am Burschentag in Eisenach teil. Er und einige „Bundesbrüder“ besuchten im Sommer 2019 den Bundestag, auf Einladung der Altherrenschaft. Auch an der Verbandstagung der Deutschen Burschenschaft im November 2019 in Colmar nahm Krömer teil. Im Wintersemester 2019/20 legte er seine Burschenprüfung ab und bekleidete das Amt des Fechtwarts. Anfang 2020 fuhr er mit anderen Burschen zum ersten Teil der Priesterweihe des Altern Herren Nils Grunemann in Zaitzkopfen. Auch an einem Treffen des „Flügels“ der AfD in Schnellroda war Krömer anwesend. Krömer wurde die Betreuung des Online-Auftretens der Burschenschaft anvertraut. Trotzdem gilt er als relativ unzuverlässig unter seinen Bundesbrüdern. Zu dieser Zeit nahm sein Aktionismus bei den Identitären ab, da er offensichtlich mehr Zeit in die Burschenschaft investierte.
In der Nacht vom 13. auf den 14. Juni 2020 griffen Mitglieder der Marbuger Burschenschaft Germania zusammen mit auswärtigen Gästen Mitglieder der Schwarzburgbund-Verbindung Frankonia Marburg sowie deren Haus an, das in direkter Nachbarschaft zur Germania liegt.[1]https://www.fr.de/rhein-main/ueberfall-in-marburg-anklage-gegen-drei-burschenschafter-91237439.html Diese Angriffe liefen laut Berichten wie folgt ab:
Am Abend des 13. Junis 2020 kam es in der Lutherstraße auf Höhe des Zigarettenautomaten zu einer Auseinandersetzung zwischen Mitgliedern der Frankonia Marburg und zwei Personen der Germania, von denen einer durch Zeugen als Nicolas Krömer identifiziert wurde, der seinen Begleiter als Fux bezeichnet habe, was auf Friedrich Karl Moraht schließen lässt. Beide Verbindungen gelten seit geraumer Zeit als verfeindet, was zum einen durch die Auslegung „korporierter Traditionen“ wie dem Fechten und der Aufnahme von Mitgliedern, als auch durch die Distanzierung der Frankonia von der Naziburschenschaft Germania begründet ist. Die Frankonia beschloss ein Umgangsverbot für ihre Mitglieder mit den Germanen. An diesem Abend wurde aus dem Wortgefecht eine Schlägerei. Mitglieder der Frankonia wurden laut eigenen Aussagen geschlagen und rassistisch beleidigt. Eine Person aus der Gruppe der Frankonia, die von der angreifenden Gruppe der Marburger Germanen als migrantisch gelesen worden sei, soll als „Judensau“ bezeichnet und Drohungen wie „Dich sollte man vergasen“ und „an die Wand stellen“ erhalten haben. Telefonisch seien weitere Marburger Germanen zur Hilfe gerufen und die Mitglieder der Frankonia anschließend zum Haus einer anderen Verbindungen verfolgt worden sein. Am späteren Abend wurde das Haus der Frankonia Marburg angegriffen, von dem Nicolas Krömer und andere Angreifer durch die Verfolgung wussten, dass niemand zuhause war. Eine mindestens 10 Personen umfassende Gruppe stürmte das Haus mit Zuhilfenahme eines Rammbocks. Die Personen der Gruppe trugen Anzüge, waren vermummt und führten Totschläger, Messer und Pfefferspray mit sich. Sie zerstörten das Inventar des Erdgeschosses und flüchteten anschließend, wobei ein heute 35-jähriger Bursche der Alten Breslauer Burschenschaft der Raczeks zu Bonn von Passant*innen gestellt und verletzt wurde.
Dies war allerdings nicht der erste Angriff auf die Frankonia Marburg; in den letzten Jahren ist diese Verbindung häufiger Attacken und Anfeindungen ausgesetzt, in deren Kontext immer wieder die Marburger Burschenschaft Germania auftaucht. Dies bestätigen verschiedene Anfragen im Hessischen Landtag zum Thema „Gewalt gegen Studentenverbindungen an hessischen Hochschulen“: viele der Angriffe werden als politisch Rechts eingeordnet. Ein Eigentor für die hessische AfD, die damit belegen wollte, wie oft Verbindungsstudenten und deren Häuser Opfer vermeintlicher „linksextremistischer Gewalt“ wurden.
Angriffe auf die Schwarzburgverbindung Frankonia zu Marburg (Polizeiliche Einordnung der Gewalttaten):
→ 16.01.2016 Gefährliche Körperverletzung → nicht zugeordnet
→ 17.02.2019 Sachbeschädigung durch Flaschenwürfe am Haus → nicht zugeordnet
→ 07.12.2019 Sachbeschädigung durch Flaschenwürfe am Haus → Rechts
→ 28.01.2020 Sachbeschädigung an Dachfenstern am Haus → Rechts
→ 07.06.2020 Sachbeschädigung am Gebäude durch Bewurf mit Leuchtstoffröhren → Rechts
→ 14.06.2020 der obig geschilderte Angriff → Rechts
Die Marburger Burschenschaft Germania verbreitet Sticker mit der Aufschrift „Buxen Kiez, Keine Phritten, Keine Zecken“ – mit Phritten sind Verbindungen gemeint, die in den Augen der Germania die Tradition der Burschenschaften beschmutzen, so z.B. die Schwarzburgbund-Verbindung Frankonia Marburg. Diese Abneigung wird noch einmal im Podcast des „Jung Europa Verlags“ von Philip Stein offensichtlich: „Du hast einmal von der liberaleren Sparte her, so was wie Schwarzburgbund, auch mittlerweile Leute, die laufen halt auf ihren Häusern in abgeschnittenen Jeanshosen, Metall-T-shirts und langen Haaren rum und kiffen dort. Also das ist überhaupt keine Seltenheit. Haben dann statt ihrer Fahne draußen, äh ’nen Bierkasten auf dem Dings stehen und das ist halt einfach nur eine Art Sauf-Club.“ Die im Schwarzburgbund organisierte Frankonia Marburg hat immer wieder statt einer Fahne an ihrem Fahnenmast vor dem Haus Bierkisten in den Farben ihrer Verbindung gehisst.
Nicolas Marian Krömer führte also am 13. Juni 2020 eine Auseinandersetzung weiter, die bereits seit Jahren von verschiedenen Generationen der Marburger Burschenschaft Germania gepflegt wird. Unpraktisch für ihn war, dass er wiedererkannt wurde, da sein Gesicht durch antifaschistische Recherchen bereits öffentlich bekannt war. Dies zieht nun Ermittlungen und damit verbundene Hausdurchsuchungen in Hessen und Nordrhein-Westfalen nach sich. Anfang Juli 2020 trat Krömer aus der Marburger Burschenschaft Germania aus. Dies hat offensichtlich den Hintergrund, dass der Bund vor weiteren Ermittlungen geschützt werden soll. Dennoch wohnte er noch eine Weile auf dem Haus.
Auch anderweitig ist er weiterhin in extrem rechten Strukturen eingebunden: im September 2020 beteiligte er sich noch an der Sommertour der Identitären Hessen. Am 21.12.2020 erschien in der „Frankfurter Rundschau“ ein erster Artikel über den Angriff im Juni. Darin weist die Marburger Burschenschaft Germania alle Verantwortung für den Überfall von sich und behauptet, dass sie nicht wüssten wer für die Beschädigungen verantwortlich sei. Es wurde versucht, ein Bild zu erzeugen, das die eigene Struktur nicht in Verbindung mit einer solchen Tat bringt. Der Angriff auf die Burschenschaft Frankonia wies starke Ähnlichkeiten mit einer anderen Gewalttat durch die Burschenschaft Germania in Bezug auf die Tatmittel und den Hergang auf: in Anzügen und Hemd, vermummt, bewaffnet mit Totschläger und Pfefferspray.[2]https://stadtlandvolk.net/?p=143 Nicolas Krömer machte sich im darauffolgenden Jahr rar und versuchte, noch weiter auf Distanz zu gehen. Allerdings besuchte er im Sommer 2021 die Marburger Burschenschaft Germania und war auf einer Sauftour in der Marburger Oberstadt mit Francisco Kottek zu beobachten.
Mitte Januar 2022 wurde durch einen weiteren Artikel der „Frankfurter Rundschau“ bekannt, dass wegen des Vorfalls im Juni 2020 Anklage gegen drei Beschuldigte im Alter von 25, 29, und 35 Jahren erhoben werden soll. Der 25-Jährige soll aus Marburg kommen, die anderen beiden aus Nordrhein-Westfalen. Bei dem 29-Jährigen handelt es sich um Nicolas Marian Krömer, dessen Wohnsitz nicht in Marburg, sondern in Nordrhein-Westfalen gemeldet ist. Der 25-Jährige ist Heinrich Mahling. Gegen drei weitere Beteiligte der Marburger Burschenschaft Germania wurden die Ermittlungen des bisher laufenden Verfahrens eingestellt, was eine Meldung der Autonomen Antifa Freiburg bestätigt.[3]https://autonome-antifa.org/breve8278
Verweise